Was sind die beliebtesten Rollenspiele in 2021?
Neugierig, was die beliebtesten Rollenspiele in 2021 sind? Wir haben die monatlichen Suchanfragen auf Google für die bekanntesten Systeme ausgewertet. Das Ergebnis haben wir mit dem ORR Report über die gespielten Runden auf Roll20, quergecheckt.. Hier sind die beliebtesten Rollenspiele aus dem ersten Quartal von 2021.
Rollenspiel-Suchanfragen auf Google
Roll20 ORR Report – % der gespielten Rollenspiele
Rollenspiele aufgesplittet nach Genre
Was ist das beliebteste Rollenspiel-Genre?
Mittelalter-Fantasy für die Liste der Settings mit 66% an. Das ist keine Überraschung, da ja D&D das weitaus beliebteste System ist. 26% vom Kuchen teilen sich die übrigen Settings: Horror, Science Fiction, Cyberpunk, Superhelden. Grob 8% fallen auf alle anderen Genres.
Das ist schon beeindruckend, das sich 92% alle Spielrunden in diese fünf Haupt-Cluster einteilen lassen. Ich habe selbst nicht damit gerechnet, dass Indie-Settings so weit abfallen. Innerhalb dieser Kategorien gibt es natürlich noch weitere Subkategorien. Allein Cthulhu und Vampire: Die Maskerade sind zwei ganz unterschiedliche Systeme. (Bei dem einen lauf den die Spieler vor Monstern davon, beim anderen sind die Spieler selbst die Monster.) Auch bei Fantasy kann man abstufen nach Epic, Low, Dark, Weird, usw. Aber die Aussage der Zahlen ist klar: Der Großteil der Spieler bleibt gerne bei den klassischen Rollenspielsettings.
Woher kommen diese Zahlen?
Monatliche Suchanfragen auf Google
Die monatlichen Suchanfragen zeigen, wie oft bestimmte Begriffe auf Google gesucht werden. Dafür gibt es mehrere Online Marketing Tools, die diese Zahlen als Hochrechnung ausspucken (Google Ads Keyword Planer, Moz.com, SEMRush). Diese Analyse-Werkzeuge haben wir einfach mit den bekanntesten Rollenspielsystemen gefüttert, und dann die Zahlen ausgelesen. Die absoluten Suchanfragen haben eine hohe Schwankungsbreite zwischen den verschiedenen Tools. Aber der Größenverhältnis zwischen den verschiedenen Rollenspielen ist sehr konstant. D.h. das Verhältnis, wie oft D&D im Vergleich zu Pathfinder und Cthulhu gesucht wurde, ist größtenteils valide.
ORR-Report von Roll20
Der ORR-Report von Roll20 ist unsere zweite Datenquelle. Darin wurden die über Roll20 gespielten Runden aus dem letzten Quartal ausgewertet. Das ist hochinteressant, weil das echt ausgewertete Daten sind. Wir waren anfangs skeptisch, ob die Zahl der gespielten Online-Runden repräsentativ genug ist. Es gibt ja eine Menge Rollenspieler, die nicht online spielen und auf ein Ende der Corona-Pandemie warten. Die Zahlen liegen aber nahe genug an denen der ausgewerteten Suchanfragen (Datenquelle 1, s.o.). Für die einzelnen Systeme weichen die Zahlen ab, aber unter den Top 10 finden sich die selben Rollenspiele. Danke an das Team von Roll20,
die uns erlaubt haben, ihre Ergebnisse hier zu zeigen.
D&D ist die unumstrittene Nr. 1
Seit Anbeginn der Rollenspiel-Zeitrechnung ist D&D der Platzhirsch. Die Marke ist so stark, dass Leute öfter über Dungeons and Dragons reden als über den Begriff „Rollenspiele“. Fragst du vier Rollenspieler nach ihrem Hobby, sagt einer „ich spiele Rollenspiele“ und drei sagen „ich spiele D&D“. Auch die Community hinter D&D ist irrsinnig groß. Filmstars spielen D&D, es gibt unzählige Youtube-Kanäle dafür, und es ist wirklich einfach, eine D&D-Runde in deiner Nähe zu finden.
Das Rollenspiel-Hobby hat D&D zweifellos viel zu verdanken. Im Sog dieser großen Marketing-Maschinerie finden viele kleinere Systeme besser Zugang zu neuen Spielern. Für viele ist es auch der Einstieg ins Rollenspiel. Die Macht von D&D hat aber auch Schattenseiten. Es vermittelt ein sehr spezielles Bild über Rollenspiel: Epische Fantasy, Monster bekämpfen, komplexe Regeln. Wenn dich dieser Mix nicht anspricht, wirst du als absoluter Neuling vermutlich die Finger vom Rollenspielen lassen.
Ist D&D also das beste Pen&Paper-Rollenspiel?
Seit Jahrzehnten führt D&D die Liste der meistgespielten Rollenspiele an. Ist es deshalb das beste Rollenspiel da draußen? Nicht unbedingt. Die große Community hinter D&D und die große Auswahl an Abenteuern macht einfach den Einstieg sehr leicht. Aber viele modernere Systeme bieten mir den gleichen Spielspaß und dasselbe Feeling mit viel einfacheren und schnelleren Regeln.
Dungeon World bietet z.B. dasselbe Spielgefühl wie D&D. Allerdings ist die Vorbereitungsarbeit für den SL viel geringer. Zusätzlich können die Spieler ihre Ideen besser einbringen und haben viel mehr Einfluss auf den Spielverlauf.
Einige Rollenspieler können sich außerdem nicht mit der bunten Fantasywelt von D&D und seinen zahlreichen taktischen Kämpfen anfreunden. Hier sind Indie-Rollenspiele ein guter Tipp. Sie decken derart viele alternative Settings ab, das für jeden Geschmack etwas dabei ist. Egal ob es um Investigation, Horror, Intrigen, Romantik, Wrestling oder Telenovelas gehen soll – mittlerweile sind so gut wie alle Settings und Genres abgedeckt. Hier ist z.B. eine Liste aller verfügbaren Indie-Systeme mit „Powered by the Apocalypse“-Regeln und ihrer Settings gibt es z.B. hier:
Warum sind zwei Drittel der beliebtesten Rollenspiele mindestens 30 Jahre alt?
Wow, viele der meistgespielten Rollenspielsysteme sind über 30 Jahre alt! Weder bei Brettspielen noch bei PC- und Konsolenspielen halten sich die Klassiker derart lang – abgesehen vielleicht von „Siedler von Catan“. Und das, obwohl jedes Jahr um die 100 neue Rollenspielsysteme veröffentlicht werden. Warum ist das so? Hier sind ein paar Theorien:
1. Unendliche Welten und Abenteuer
Die Anzahl der Geschichten, die noch erzählt werden wollen, ist endlos. Die Regeln mögen nicht mehr ganz aktuell sein. Aber solange sie der Story nicht im Weg stehen, sind die gut genug. Nach dem Motto: Never change a running system.
2. Nostalgie
Viele Rollenspieler starten mit diesen großen Klassikern in das Hobby. Die ersten Jahre im Rollenspiel sind sehr prägend, und jeder erinnert sich gerne an die Zeit zurück, in der selbst einfache Abenteuer noch einen großen Reiz auf uns ausgeübt haben (Stichwort: Sense of Wonder). Diese Zeit sehnt man sich gerne zurück. Darum halten viele von uns an dem ersten Rollenspielsystem fest, das sie kennengelernt haben.
3. Das Gesetz des Marktes
Rollenspiel ist ein absoluter Nischenmarkt. Nur ganz wenige Verlage verdienen gutes Geld mit Rollenspielbüchern. Und nur wer Geld mit etwas verdient, kann sich Werbung und Marketing leisten. Deshalb sind die großen Systeme viel bekannter, und neue Rollenspieler kommen immer zuerst mit diesen Rollenspielen in Kontakt. Was uns wieder zurück zu Theorie 1 bringt. Und so geht es immer weiter.
Was denken andere Spielleiter darüber?
„Ich glaube, eine derart starke Marke wie D&D zu haben ist letztlich gut fürs Hobby, weil sie im Mainstream gesehen wird. Dadurch wird die Kategorie Rollenspiel gestärkt. Ich kann in der Arbeit erzählen, dass ich “sowas wie D&D” spiele, und das Team hat dann eine grobe Vorstellung davon, was das ist. So ist D&D heute (wieder) der Ausgangspunkt für viele, die das Rollenspiel entdecken. Es mag sein, dass dann 90% in diesem Segment bleiben, aber das Zehntel, das sich im Rollenspielladen, auf Messen und vor allem im Internet umschaut, findet auch Indie-Rollenspiele. Ich höre von unserer 3W6-Community immer wieder, dass Leute so noch einmal eine neue Welt entdecken – und das das ist doch großartig.“
Markus Widmer
Host vom 3W6-Podcast | Übersetzer für Cthulhu und
Indierollenspiele
Folge ihm auf: Twitter – 3W6-Podcast
„Im Eskapodcast haben wir uns 2019 auch mit diesem Thema beschäftigt (Folge 115). Die Zahlen haben sich seitdem nur wenig geändert. Cthulhu scheint mir an Bedeutung zu- und Pathfinder abgenommen zu haben. Am großen Erfolg von D&D ist sicherlich neben medialen Verbreitung die neue eingängige 5. Version verantwortlich. Dass die beliebtesten Rollenspiele über 30 Jahre alt sind, kann auch darin liegen, dass sich gute Systeme einfach durchgesetzt haben und mehr Zeit hatten, um Fans zu gewinnen, während viele weniger erfolgreiche Systeme es nicht auf mehrere Editionen oder gar 30 Jahre gebracht haben.“
Carsten Pohl
Teil vom Eskaodcast | DSA- und Cthulhu-Experte | Rollenspiel-Urgestein
Urgestein
Folge ihm auf: Eskapodcast – Twitter
„Man sollte nicht vergessen, dass Spiele, die seit vielen Jahren auf dem Markt sind, eine große Fanbasis haben und sich so einfach besser verbreiten können als neue, kleine Rollenspiele. Allerdings glaube ich, dass die kleinen Spiele die eigentlichen Innovationen liefern. Die Old-School-Rollenspielszene hat das aktuelle D&D beeinflusst, pbta-Spiele haben das Regellernen auf ein Minimum reduziert und auch ältere Spiele wie Dread haben gänzlich neue Ideen für Konfliktlösungen im Rollenspiel erdacht (Stichwort: Jenga-Turm statt Würfeln). Ich kann wirklich allen raten, die sich mit Rollenspiel in ihre Freizeit verbringen: Schaut euch in der Nische um! Ihr werdet überrascht sein, welche Facetten dieses Hobby hat, und ihr werdet auf Gold stoßen. Garantiert.“
Daniel Neugebauer
Verleger bei System Matters | Autor für Cthulhu-
Rollenspielbücher
Beliebte Rollenspiele außerhalb des Fantasy-Genres
Die beliebtesten Systeme in nicht-Fantasy-Settings sind Shadowrun, Cthulhu, das Star Wars Rollenspiel, Vampire die Maskerade und Starfinder. Auch das sind große Platzhirsche, die seit vielen Jahren ihre jeweiligen Settings unangefochten anführen. Viele Rollenspieler spielen ein oder zwei davon als Zweitsystem neben D&D. Von Cyberpunk abgesehen, spiegelt das die beliebtesten Genres aus Buch und Film wider. Was dort gut ankommt, das funktioniert auch für Rollenspiele. Nur Real-Life-Dramen, Comedy und Romantik haben es bisher nur verhalten in die Rollenspielwelt geschafft. Diese Themen findet man eher in den Nischensystemen im Indiebereich.
Indiegames – Geheimtipps, die man kennen sollte
Indiegames sind auf ausgefallene Settings spezialisierte Rollenspiele in Kleinauflagen. Mantel-und-Degen-Abenteuer, lateinamerikanische Telenovelas, Märchensettings, Geschichten mit Tiercharakteren, Teenager-Dramen – das sind nur ein paar Beispiele dafür, was Indie-Systeme alles bieten können. Dabei kommen sie mit starkem Fokus auf die Erzählung und leichtgängigen, modernen Regelmechaniken daher.
Wenn dir also die großen Rollenspiel-Settings zu verbraucht vorkommen, oder dich ihre tonnenschweren Regelsysteme zu sehr einengen, dann probier‘ unbedingt ein paar Indie-Rollenspiele aus. Hier im Blog werden wir immer wieder mal das eine oder andere Indiesystem durchleuchten. Besonders empfehlen möchten wir euch jedenfalls die Rollenspiele der PBTA-Reihe (Powered by the Apocalypse). Davon gibt es hier eine Liste aller verfügbaren Rollenspiele und Settings.
Kennst du noch andere Umfragedaten?
Du hast weitere Zahlen über die meistgespielten Rollenspiele? Oder hast du Umfrageergebnisse von Facebook oder Twitter? Schreib‘ uns bitte den Link dazu unten in die Kommentare. Wir würden diese Zahlen gerne mit unseren vergleichen, um einen besseren Gesamteindruck zu bekommen, was da draußen wirklich am öftesten gespielt wird.
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6 Kommentare zu „Die meistgespielten Pen&Paper-Rollenspiele in 2021“
Schöner Artikel. Ein Vergleich zwischen dem deutschen und internationalen Markt wäre für mich sogar noch spannender. Schließlich war D&D in Deutschland lange Zeit nur auf englisch erhältlich, was DSA einen großen Vorsprung verschaffte. Andersherum ist DSA international bis vor kurzem kaum bekannt gewesen. Meine These: ist hierzulande nicht vielleicht DSA eher der Platzhirsch?
Gerne, hier die Suchanfragen für die größeren System im deutschsprachigen Raum:
D&D – 23000
DSA – 17000
Cthulhu – 12000
Shadowrun – 7000
Die absoluten Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Aber das Verhältnis ist sprechend.
Es kam auch noch die Frage nach TEARS von den Rocket Beans. Das wird momentan 90x pro Monat gesucht. Da gab es einen großen Hype, als es rauskam. Heute ist es scheinbar ruhiger geworden um TEARS.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Dominanz der alten Systeme quasi ein lock-in-Effekt ist. Neue Rollenspieler werden in aller Regel von bestehenden Rollenspielern rekrutriet und angeleitet. Und so landen sie erstmal in dem System, welches die „alten Hasen“ da gerade spielen. Häufig genug wird das eben eines dieser dominanten Systeme sein, weil sie eben dominant sind XD.
Tjoa und ab da greift dann was der Artikel schreibt: Leute bleiben bei dem was sie kennen. Dabei muss man bedenken, dass es jede Menge SpielerInnen gibt, die keine Lust haben sich übermäßig mit dem Hobby zu beschäftigen, sie wollen einen Charakter bauen und alle paar Wochen Spaß haben. Sie wollen nicht 712 Systeme ausprobieren, sich im Internet mit anderen austauschen und eigene Abenteuer schreiben oder leiten. Diese SpielerInnen spielen einfach das was ihnen vorgesetzt wird und entscheiden dann ob sie es mögen, aber sie suchen halt nicht aktiv nach der Indie-Niesche, die ihre Wünsche und Ansprüche konkret erfüllt.
Also so wie alle bei TicToc sind, weil alle Freunde bei TicToc sind, so sind halt auch alle bei D&D, weil alle bei D&D sind und nur wenn man sich gemeinsam entscheidet mal etwas anderes zu versuchen entdeckt man auch mal andere Systeme abseits (nein sorry, nicht „nur“, aber häufig vermute ich).
Ich persönlich bin mit D&D 3 ins Hobby eingestiegen und bis heute ist Pathfinder irgendwie ein Fallback, wenn man sich auf sonst nichts einigen kann. Leute kennen die Regeln (oder zumindest gut genug um mit ihnen zu spielen ohne viel erklären zu müssen).
Hi Deus, danke für den Kommentar. Stimmt, das ist ein guter Blickwinkel mit den Casual Gamern. Wenn jeder in der Runde Spaß hat, gibt’s keine Notwendigkeit, sich mit anderen Systemen zu beschäftigen. Für mich persönlich hat sich durch PBTA und die Indie-Systeme nach 20 Jahren Rollenspiel mit D&D, Cthulhu und Warhammer das Hobby nochmal komplett gedreht. Meine Begeisterung für PBTA & Co. schwingt sicher im Artikel mit. 😉
Sehr guter und umfassender Beitrag. Wir nutzen in der Regel Google-Trends.
Hier lassen sich Rollenspiele direkt miteinander vergleichen – auch über die vergangenen Jahre hinweg.
Bezieht man es nur auf Deutschland, gab es tatsächlich im Jahr 2017 und im Jahr 2008 einen Wechsel an der Spitze. DSA konnte D&D überbieten und selbst Shadowrun hatte im direkten Vergleich mit D&D im Jahr 2007 einmal die Nase vorn.
Heute jedoch kann man die Zahlen aus eurem Beitrag nur validieren, während DSA in Deutschland auf Platz zwei rangiert, ist D&D der weit vorn liegende Platzhirsch.
„Alt-Systeme“ haben einfach den Publikations-Vorteil. D.h. man wird immer irgendwie über eine Publikation stolpern, während jüngere und neuere Systeme schlicht und ergreifend nicht so häufig am Markt vertreten sind. Entsprechend teilt sich vermutlich auch die Spielerschaft auf.
Ja, Trends ist auch eine nützliche Quelle dafür. Super spannend, wie sich DSA und D&D alle paar Jahre an der Spitze abwechseln. D&D dominiert in den letzten Jahren dank Actual Play Videos einfach. Das lässt sich allein aus dem deutschsprachigen Markt heraus kaum toppen. Jedenfalls kommen dadurch viele neue Leute mit dem Hobby in Kontakt – das muss man D&D schon hoch anrechnen. Ich würd mir insgeheim ein zweites großes System wünschen, das Charakterstories mehr in den Vordergrund rückt und Kämpfe weniger betont. Für all die Interessenten und Neulinge, die mit taktischer Action weniger am Hut haben.